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Hierarchisches Management

      Der zunehmende Grad an Vernetzung und die steigende Zahl administrierter Komponenten haben dazu geführt, daß es in der Regel nicht mehr ausreicht, von einer zentralen Managementplattform aus sämtliche Komponenten eines Rechnernetzes zu administrieren. Vielmehr ist es wünschenswert, Teile der verteilten Anwendung ,,Management`` aus Gründen des Lastausgleichs oder aus organisatorischen Erwägungen heraus möglichst flexibel auf verschiedene Systeme verlagern zu können. Dies geschieht zum Teil durch die Verlagerung bestimmter Dienste auf Agentensysteme, was jedoch aufgrund mangelnder Ressourcen häufig nur bedingt machbar ist (vgl. [#!wald93!#]).

Demgegenüber bietet sich die Einführung von Managementhierarchien mit einem Top-level Manager  sowie mehreren, jeweils für einen abgegrenzten Bereich zuständigen Managementsystemen (Mid-level Managern)  an. Hierarchisches Management ist eine Organisationsform des Managements, in der Managementsysteme in logisch geschichteter Struktur organisiert sind. Systeme in höheren logischen Schichten haben eine Sicht auf das gesamte Kommunikationssystem und werden von unnötigen Details durch Systeme abgeschirmt, welche die unteren logischen Schichten eines Rechnernetzes administrieren. Erfahrungen aus dem praktischen Betrieb von Managementplattformen haben gezeigt, daß die Qualität des Managements so spürbar verbessert wird: Man erreicht eine bessere Skalierbarkeit des Managements insgesamt durch Reduzierung der Last auf dem bisher zentralen Managementsystem sowie der Netzlast auf den Backbone-Netzen. Der Preis dafür ist eine Erhöhung der Last auf den lokalen Netzen zwischen Agenten und Mid-level Managern. Dies ist jedoch unproblematisch, da die Bereitstellung akzeptabler Bandbreite in LANs lediglich geringe Kosten verursacht: Bandbreiten von 10 Mbit/s (Ethernet) bzw. 16 Mbit/s (Token Ring) sind heutzutage Standard und werden durch übliche Applikationen in der Regel noch nicht ausgereizt. Eine einfache Rechnung illustriert dies: Bei einem mittelgroßen LAN mit 50 handelsüblichen Ethernet Switches, die jeweils über 24 Anschlüsse verfügen soll die maximale Zeitspanne zur Entdeckung eines ausgefallenen Ports 5 Minuten nicht überschreiten. Dies erfordert bei einem Polling-basierten Ansatz durchschnittlich (50 * 24)/(5 * 60) = 4 Zugriffe pro Sekunde, um den Zustand aller Ports zu überwachen, was sich jedoch in der Praxis als durchschnittlich 1/6 Zugriffe pro Sekunde auswirkt, da Zugriffe auf dasselbe Gerät üblicherweise mit einer Anfrage abgewickelt werden. Will man nun 1200 Endgeräte[*], die an die Ports angeschlossen sein können, in 10-minütigen Abständen überwachen, sind hierfür weitere 1200/(5*60) = 4 Zugriffe pro Sekunde vonnöten. Insgesamt werden knapp 5 Polling-Zugriffe pro Sekunde ausgelöst, was unter der Annahme, daß SNMP (mit einer durchschnittlichen Paketgröße von 500 Byte) verwendet wird, zu einer benötigten Bandbreite von 0,05 Mbit/s führt, was einem halben Prozent der insgesamt verfügbaren Bandbreite entspricht. Dieser verhältnismäßig geringe Bandbreitenverbrauch ist also durchaus tolerierbar. Ferner erlaubt der Einsatz von filternden Bridges und Ethernet-Switches in Verbindung mit strukturierter Verkabelung kontinuierliche Verbesserungen zur Erhöhung der effektiv nutzbaren Bandbreite. Sollte dies nicht ausreichen, bietet sich der Einsatz von Fast Ethernet (100 Mbit/s) für den LAN-Bereich ebenfalls zu vergleichsweise geringen Kosten an: Gegenwärtig erhältliche Endsysteme verfügen über Netzadapter mit Autonegotiation-Mechanismen, die sowohl mit 10 Mbit/s als auch mit 100 Mbit/s betrieben werden können.

Die Hauptaufgabe von Mid-level Managern ist also die Vorverarbeitung der Managementdaten von Agentensystemen, um nur in außergewöhnlichen Situationen das zentrale Managementsystem zu benachrichtigen. Sie nehmen einerseits die Filterung von Ereignismeldungen vor und gewinnen Managementinformation aus Rohdaten, die von Agenten bereitgestellt werden. Somit können auch Netzsegmente, die nur über Verbindungen mit geringer Bandbreite an den Backbone angeschlossen sind, ebenfalls umfassend administriert werden, da ein dafür zuständiger lokaler Mid-level Manager ausschließlich bereits vorverarbeitete und daher kondensierte Managementinformation an den Top-level Manager weiterleitet. Ferner bringt der Einsatz von Mid-level Managern die Erhöhung der Fehlertoleranz bei Netzausfällen, da beim Ausfall einer Verbindung vom Backbone zu einem entfernten Teilnetz die dort befindlichen Systeme durch den Mid-level Manager auch weiterhin vollständig überwacht werden können.

Der Einsatz von Mid-level Managern impliziert die Notwendigkeit, diese Systeme geeignet zu konfigurieren und deren korrekte Funktionsweise zu überwachen. Hierfür gibt es jedoch bisher keinerlei offengelegte Managementinformation, wie in Abschnitt [*] aufgezeigt wird. Ebenfalls sind bisher keine Festlegungen getroffen, welche Arten von Managementinformation zwischen Mid-level Managern und Top-level Managern auszutauschen sind. Wir werden hierfür in Kapitel [*] einige Vorschläge herausarbeiten.

Hierarchisches Management ist dann angebracht, wenn bereits die organisatorische Struktur des Netzes hierarchisch aufgebaut ist, was insbesondere bei Telekommunikationsnetzen der Fall ist: Eine Managementarchitektur, die hierarchisches Managements realisiert, ist folglich das in Abschnitt [*] beschriebene Telecommunications Management Network (TMN), das Kommunikationssysteme in fünf logische Schichten aufteilt und mit der Verwendung der OSI Systems Management Functions sowie des Managementprotokolls Common Management Information Protocol (CMIP) einige leistungsfähige Mechanismen zur statischen Delegierung von Managementfunktionalität (Schwellwertüberwachung, Filterung von Ereignismeldungen) sowie zur Ermittlung von Managementobjekten, auf die Operationen angewandt werden sollen ( Scoping and Filtering) bietet. Da es in der Datenkommunikationswelt bisher keine standardisierten Konzepte für Mid-level Manager gibt, werden wir in Abschnitt [*] einen kommerziellen Mid-level Manager vorstellen, der dies mit den Mitteln des Internet-Managements leistet.


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Copyright Munich Network Management Team