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Open Distributed Processing

      Während bisher technisch orientierte Implementierungsarchitekturen für das Management im Mittelpunkt unserer Betrachtung standen, fehlte bisher jedoch ein verbindliches, standardisiertes Rahmenwerk, das die Entwicklung allgemeiner Anwendungskomponenten (in unserem Fall: Managementsysteme, -applikationen und Agenten) erlaubt, die in offener, heterogener und verteilter Systemumgebung interagieren können. Die ISO begann 1987 mit der Arbeit an einem entsprechenden Modell und standardisierte 1991 zusammen mit der ITU-T eine Architektur für den Entwurf von objektorientierten verteilten Systemen in heterogener Umgebung. Ergebnis dieser Überlegungen ist das Reference Model of Open Distributed Processing (RM-ODP). Diese ISO-Norm, deren jüngste Fassung aus dem Jahr 1995 datiert, besteht aus insgesamt vier Teilen [#!iso10746-1!#,#!iso10746-2!#,#!iso10746-3!#,#!iso10746-4!#].

Die Offenheit von ODP impliziert, daß Programmierschnittstellen und Kommunikationsprotokolle offengelegt und standardisiert sein müssen. Die Unterstützung von heterogenen, verteilten Systemen durch das Modell bezieht sich auf Rechner und Netzkomponenten verschiedener Hersteller, heterogene Betriebssysteme und Kommunikationsprotokolle sowie den Einsatz unterschiedlicher Programmier- und Datenbanksprachen für die verteilten Anwendungen. RM-ODP adressiert die Probleme, die sich bei der organisatorischen Struktur von Anwendungskomponenten ergeben. Fragestellungen sind hierbei z.B. ,,Welche Objekte erbringen einen benötigten Dienst und wo befinden sie sich? ``, ,,Wie kann der Dienst genutzt werden? ``, ,,Wie können Dienste organisiert werden, damit der Benutzer den Eindruck gewinnt, es handelt sich um eine einzige integrierte verteilte Anwendung? `` und ,,Welche Unterstützung benötigen Anwendungskomponenten von der darunterliegenden verteilten Systemplattform? ``.

RM-ODP ist ein Meta-Modell , welches durch Konzepte, Regeln und die Defintion von Infrastrukturobjekten eine Architektur für verteilte Anwendungen in heterogener Systemumgebung beschreibt. Ziel ist es, beim Entwurf eines verteilten Systems die Komponenten (Objekte) identifizieren zu können, die an spezifizierten und typisierten Schnittstellen Dienste anbieten. Diese können durch Interaktionen an den Schnittstellen, d.h. durch Kommunikation auf Anwendungsebene genutzt werden. Zwei weitere wichtige Aspekte sind Portabilität und Transparenz. Damit Anwendungskomponenten portabel sind, bedarf es standardisierter verteilter Plattformen. Weiterhin sollen Details der Verteilung vor den Komponenten verborgen bleiben. Hierzu sind Mechanismen erforderlich, die verschiedene Transparenzen (access, concurrency, location, migration, replication, failure, etc.) bereitstellen (vgl. hierzu die Ausführungen in Abschnitt [*]).

Aufgrund der Komplexität ist der Entwurf eines verteilten Systems mittels einer einzelnen Spezifikation schwierig, wenn nicht sogar unmöglich. Deshalb führt das RM-ODP unterschiedliche Sichten ( Viewpoints)  auf das System ein, um die Komplexität nach dem ,,divide et impera``-Prinzip zu reduzieren. Sie spiegeln diejenigen Sichten wider, die verschiedene Personen auf ein verteiltes System haben: Auftraggeber definieren anhand ihrer Unternehmensziele die Anforderungen an das System, Software-Architekten entwerfen darauf aufbauend das Design sowie die Spezifikation des Systems, das wiederum von Programmierern implementiert wird. Schließlich erfolgt die Installation des fertigen Systems durch Techniker. ODP Viewpoints sind orthogonale Sichtweisen auf die unterschiedlichen Aspekte eines verteilten Systems. Um Redundanz und daraus entstehende Inkonsistenzen zu vermeiden, soll die Zerlegung durch Viewpoints möglichst disjunkt sein. Viewpoint Languages  legen das Vokabular und die Grammatik fest, die zur Beschreibung der Information eines Viewpoints eingesetzt werden. Jeder Viewpoint enthält Konzepte, die das Vokabular der zugehörigen Sprache darstellen, und Regeln (Structuring Rules), die die Grammatik der Sprache bilden. Welche konkrete (Spezifikations- bzw. Programmier-) Sprache schließlich als Viewpoint Language eingesetzt wird, läßt das Modell offen [#!blst97!#]. Voraussetzung ist lediglich, daß die Syntax und Semantik der gewählten Sprache die Konzepte und Regeln der Viewpoint Language ausdrücken können. RM-ODP definiert folgende fünf Viewpoints:

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich insbesondere mit der Untersuchung des Computational sowie des Engineering Viewpoints, da deren Konzepte diejenigen Objekte beschreiben, die für das System- und Anwendungsmanagement (und damit für die in dieser Arbeit behandelte Fragestellung) relevant sind. Wir machen uns dabei insbesondere die Tatsache zunutze, daß im Rahmen dieser beiden Viewpoint-Sprachen Begriffe definiert bzw. Anforderungen an deren Verhalten formuliert werden, die für verteiltes Management eine große Bedeutung haben. Beispiele für solche Begriffe sind: Systeme, Prozesse, Kommunikationsbeziehungen, Schnittstellen usw. Wir werden auf die von uns verwendeten ODP-Konzepte in Kapitel [*] noch genauer eingehen.



 
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